27.11.2015

SBV-Demo: Bauernverband wiegelt auf und lenkt ab

Der Schweizer Bauernverband SBV lässt demonstrieren. Die Sparvorschläge aus dem Bundeshaus bieten einen willkommenen Anlass für die Bewirtschaftung von Empörung. Er tut dies fälschlicherweise auch auf Kosten der Natur. Damit lenkt der SBV von seinem Versagen in der marktnahen Ausrichtung der Schweizer Landwirtschaft ab.


Für Pro Natura sind Kürzungen im Agrarbudget nicht vordringlich. Die Kernbotschaft des Schweizer Bauernverbands, es würden gesellschaftliche Leistungen durch die Landwirtschaft erbracht, für die der Bund nun nicht zahlen wolle, ist allerdings irreführend. Glyphosat in Nahrung, Böden und Urin, Beinahe-Kollaps des überdüngten Baldeggersees im Luzerner Seetal, übermässiger Antibiotikaeinsatz in der Tierhaltung, steigender Dünger-Einsatz und Kraftfutter-Import sowie schwindende Biodiversität im Kulturland: Das sind agrarpolitische Themen, die in den letzten Monaten die Schlagzeilen beherrscht haben. Marcel Liner, Pro Natura Landwirtschaftsexperte, sagt: «Es gibt immer noch gravierende ökologische Defizite in der Schweizer Landwirtschaft. Das heisst, die Gesellschaft bezahlt via Direktzahlungen eine stattliche Rechnung, erhält aber nicht die volle Gegenleistung.»


Ausgerechnet: Angriff auf den Gewässerschutz
Besonders stossend findet Pro Natura, dass der SBV nicht zögert, in seinem Demonstrationsaufruf ausdrücklich Stimmung gegen den Gewässerschutz zu machen. Untersuchungen von Pro Natura in verschiedenen Kantonen zeigen, dass beim Ausbringen von Dünger entlang von Fliessgewässern, Hecken und Waldrändern die minimalen Abstandsvorschriften in sehr vielen Fällen verletzt werden. Liner: «Selbst die elementarsten Gewässerschutzbestimmungen werden heute in der landwirtschaftlichen Praxis oft nicht eingehalten. Der SBV führt seine Mitglieder aufs politische Glatteis, wenn er ausgerechnet gegen den in der Bevölkerung breit abgestützten Gewässerschutz polemisiert.»


Durchsichtige Politpropaganda
Pro Natura hat angesichts des rekordtiefen Milchpreises Verständnis für die Sorgen der Milchwirtschaftsbetriebe. Doch nur 23 Prozent der Gesamteinnahmen in der Landwirtschaft entstammen den Direktzahlungen, 77 Prozent werden am Markt erwirtschaftet. Der Bauernverband wiegelt seine Mitglieder lieber gegen den Bund und gegen die ökologischen Erwartungen der Gesellschaft auf, anstatt seine Rolle bei der Ausrichtung der Landwirtschaft auf die Marktbedürfnisse zu hinterfragen. Vor diesem Hintergrund entpuppt sich die SBV-Demo vor allem als durchsichtiger Versuch, vor der parlamentarischen Beratung der SBV-Volksinitiative «für Ernährungssicherheit» Stärke zu markieren.

Dokumentation über die mangelhafte Einhaltung der Pufferstreifen zu Gewässern:
www.pronatura.ch/news-de/items/guelle-und-mist-in-freiburger-baechen-und-waeldern

Weitere Auskünfte:
Marcel Liner, Pro Natura Landwirtschaftsexperte, Tel. 079 730 76 64, @email
Medienstelle: Roland Schuler, Tel. 061 317 92 24, 079 826 69 47, @email