Energie

Windenergie: Schweizer Strom aus luftiger Höhe

Éolienne PPAMPicture
Der Ausstieg aus den fossilen Energieträgern, wie Erdöl, Gas und Kohle und der Ausbau der erneuerbaren Energien sind zwingend notwendig, um den dramatischen Verlauf der Klimakrise zu bremsen. Auch die Windenergie verfügt in der Schweiz über ein naturverträglich nutzbares Potenzial, das wir beanspruchen können. Für erfolgreiche Windenergie-Projekte braucht es eine sorgfältige Planung und Rücksicht auf die Biodiversität.

Die Energie des Windes lässt sich bereits mit kleinen Anlagen nutzen. Analog zu PV-Anlagen können Kleinstanlagen im Privatbereich auf Hausdächern oder an Gebäuden installiert werden. Hierzulade gelten sogar Anlagen bis 30 Meter Höhe als Kleinwindkraftanlagen, alle darüber als Grosswindkraftanlagen.  

Éolienne Matthias Sorg
Rotorendurchmesser

Die Grosswindkraftanlagen an Land können eine Nabenhöhe von bis zu 140 Metern haben. Dies ist höher als der Prime Tower in Zürich, das zweithöchste Gebäude der Schweiz.

Mit ebenfalls 140 Metern Rotordurchmesser, also über 200 Metern Gesamthöhe, erbringen solche Anlagen eine Leistung von bis zu 6 Megawatt und können, je nach Standort, jährlich bis zu 10 Gigawattstunden Strom produzieren. Das entspricht dem Stromverbrauch von ca. 3500 Haushalten (bei einem Verbrauch von 3000 kWh, dem durchschnittlichen Verbrauch von zwei Personen in einem Mehrfamilienhaus).  

Auf dem Meer dürften die Windräder in absehbarer Zeit sogar Rotordurchmesser von über 200 Metern und über 10 Megawatt Leistung erreichen. 

Gefahren für die Natur beim Bau und Betrieb von Windenergieanlagen 

Für den Bau der Windkraftanlage braucht es breite Strassen und Schwertransporte. Werden Windkraftanlage in bisher unverbaute Gebiete gebaut, sind die Eingriffe in die Natur allein schon durch den Bau und den Zugang für die Wartung der Anlage gross. Deshalb setzen wir uns dafür ein, dass Windkraftanlagen nur an Standorten gebaut werden, wo es keine Neuerschliessungen braucht. 

Der Betrieb an Land ist vor allem für Vögel und Fledermäuse problematisch. Einerseits besteht Kollisionsgefahr, andererseits gibt es Arten, die empfindlich auf Störungen reagieren. Die betroffenen Tiere meiden die Windparks und werden damit aus ihrem angestammten Lebensraum verdrängt.

Auch im Meer können durch den Bau und den Betrieb sehr viele Störgeräusche entstehen, die Fische und Meeressäuger aus ihrem Lebensraum verdrängen. 

Rückbau und Entsorgung von Windkraftanlagen

Die Windenergie wird vielfach auch damit beworben, dass die Anlage nach der Betriebszeit zurückgebaut werden kann. Das stimmt heute nur bedingt:  

  • Die Stahltürme können relativ einfach zurückgebaut und recycelt werden.
  • Die verbaute Technik im Kopf der Anlage (Gondel) stellt höhere Anforderungen: Es muss verhindert werden, dass umweltschädliche Stoffe austreten können.
  • Die massiven Betonfundamente bleiben nach dem Rückbau vielerorts im Boden. Das ist nur dann vertretbar, wenn die Anlage einem Repowering unterzogen wird und eine neue Anlage auf denselben Standort gebaut wird. Ansonsten sollte auch das Fundament abgebaut und der Stahlbeton recycelt werden.
  • Die Rotorblätter sind heute noch mehrheitlich aus Faserverbundstoffen, die in dieser Form nicht wiederverwendbar sind. Verschiedene Unternehmen und Institutionen arbeiten daran, chemische oder thermische Verfahren zu entwickeln, um die Stoffe zu trennen und so wiederverwendbar zu machen. Auch an der Herstellung von recycelbaren Rotorblätter wird bereits gearbeitet. 

Was ist die Haltung von Pro Natura zur Windkraft? 

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Die Auswirkungen von Windkraftanlagen auf die Natur kann nicht allein an toten Tieren gemessen werden. Windräder können Tiere aus ihren Lebensräumen oder Durchgangsrouten verdrängen und so auch zur Zerstückelung von Lebensräumen beitragen.

2022 produzierten 41 Windräder 0.15 TWh Strom. Der Bund schätzt das maximale Potenzial auf rund 700 Anlagen. Ein solcher Zubau würde sich aber negativ auf die Biodiversität auswirken. Insbesondere da Standorte mit hohem Windpotenzial häufig Gebiete betreffen, die für die Biodiversität wichtig sind.  

Gemeinsam mit den Verbänden der Umweltallianz haben wir geprüft, wie viele Windkraftanalgen sich in der Schweiz naturverträglich aufbauen liessen. Basierend auf diesen Arbeiten, erachten wir einen Ausbau auf 3.1 TWh bis 2035 als möglich. Dies entspricht ca. 300 zusätzlichen Windräder. 

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Wichtig für den Zubau sind sorgfältig erarbeitete Planungsgrundlagen, die aufzeigen wo sich jene Gebiete befinden, die einerseits über genügend Wind verfügen, andererseits aber auch die Anforderungen des Biodiversitätsschutzes erfüllen. Werden diese Planungsgrundlagen nicht sorgfältig erarbeitet, fordert Pro Natura die Einhaltung der gesetzlichen Grundlagen zum Schutz der Natur ein. Zum Beispiel, wenn grosse industrielle Anlagen ausserhalb der Bauzone errichtet werden sollen.  

Wie ist ein naturverträglicher Ausbau der Windenergie möglich?

Installation éolienne et centrale hydroélectrique au col du Nufenen thamerpic
Auf dem Nufenenpass wurde die vorhandene Infrastruktur genutzt um das bestehende Wasserkraftwerk mit einer Windkraftanlage zu erweitern.

Windkraftanlagen beeinflussen immer die lokale Natur. Deshalb ist es wichtig, dass ihr Ausbau frühzeitig geplant und koordiniert wird. Unter Berücksichtigung von folgenden Punkten ist ein naturverträglicher Ausbau noch möglich: 

  • Der Bau ist nur ausserhalb von Schutzgebieten zulässig.
  • Auch ausserhalb von Schutzgebieten muss der Einfluss auf die Flora und Fauna, insbesondere der Einfluss auf die lokale und ziehende Vogelwelt und der Fledermäuse, umfassend geklärt werden.
  • Für Bau und Betrieb der Anlagen sollen keine festen Neuerschliessungen wie Strassen oder oberirdische Stromleitungen erforderlich sein. Dies ist vor allem in unbelasteten Landschaften wichtig. Zufahrtswege sollen unversiegelt angelegt werden.
  • Die Anlagen müssen sich an geeigneten Standorten konzentrieren, sodass die Natur nicht durch Einzelanlagen unnötig beeinträchtigt und zerstückelt wird.
  • Bau und Betrieb der Anlage dürfen die Schutzziele von kantonalen und kommunalen Schutzgebieten nicht beeinträchtigen.  

Wir fordern deshalb, dass mindestens auf kantonaler Ebene, besser auf nationaler Ebene, der vorgesehene Ausbau und die geeigneten Standorte umfassend, koordiniert und transparent geplant werden. 

Welche Gebiete sind für Windkraftprojekte geeignet?

Éolienne Matthias Sorg
Mit einer koordinierten, umfassenden Planung ist ein naturverträglicher Ausbau der schweizer Windkraft auf 3.1 TWh möglich.

Windpotenziale haben wir in der Schweiz im Jurabogen in einigen Alpentälern aber auch in der Ostschweiz. Eine Übersicht über die Windgeschwindigkeiten und die Windpotenzialgebiete der Schweiz finden Sie im Windatlas vom Bundesamt für Energie. 
Zum Windatlas 

Übersicht über aktuell geplante Windenergieprojekte in der Schweiz

Die frühzeitige Erhebung der Naturwerte an vorgesehenen Standorten ist zentral bei der Planung von Windkraftanlagen. Nur so können Konfliktpotenziale mit Biodiversität und Landschaft vermieden werden. Bei den Windenergieparks, welche unter die Beschleunigungsvorlage der UREK-N fallen, hat eine gewisse Abklärung dieser Naturwerte auf Ebene Nutzungsplanung bereits stattgefunden. Deshalb ist ein abgekürztes Bewilligungsverfahren für diese Anlagen akzeptabel. Dies muss jedoch eine Ausnahmeregelung bleiben und darf nicht richtungsweisend für weitere Bewilligungsverfahren sein.

Bis 01. Januar 2023 wurden in der Schweiz 43 Windkraftanlagen über das Einspeisevergütungssystem gefördert. Weitere 457 haben eine Zusicherung für die Förderung und 356 stehen noch auf der Warteliste. Nicht alle Projekte, die bereits über Förderzusagen verfügen, sind auch an geeigneten Standorten geplant. Pro Natura beurteilt jedes Projekt individuell und sucht den sinnvollen Mittelweg zwischen Ausbau und Naturschutz. Es braucht Transparenz über die Projekte und einen geografischen Überblick. Unsere interaktive Karte hilft Ihnen dabei. 

Blaue Windräder = Anlage in Planung 
Grüne Windräder = Anlage in Betrieb 
Blaue Flächen = geplanter Windpark 
Blaue Umrisse = Windenergieprüfraum