StandUp Paddler weit draussen vor dem Schilf Prisma Uliasz
18.06.2020

SUP / Stand Up Paddeln: Schwerelos aber nicht folgenlos

Stehpaddeln wird zur populären Freizeitaktivität, doch viele Paddler unterschätzen die Auswirkungen auf die Natur. Ein neues Merkblatt zeigt nun, wie man rücksichtsvoll unsere Gewässer erkunden kann.

Was gibt es Schöneres als ein warmer Sommertag am See? Auf einem Brett wie schwerelos übers Wasser gleiten. Sich treiben lassen. Ab und zu ein sanfter Paddelschlag. Und dabei die Natur, die Landschaft und die Ruhe geniessen.

Die Sportart, die dies ermöglicht und mittlerweile zu einem Massenphänomen geworden ist, heisst Stand Up Paddeln – zu Deutsch Stehpaddeln oder kurz SUP. Alle Altersklassen können den Sport ausüben, fast ohne technische oder körperliche Voraussetzungen. Man braucht – ausser dem Board und dem Paddel – keine spezielle Ausrüstung. Das Board gibt es mittlerweile an fast allen Gewässern zu mieten und die Verkaufszahlen gehen in die Tausende. 

Hohes Störungspotenzial

Kein Wunder sind immer mehr Menschen mit einem SUP unterwegs. Die Sportart kann ganzjährig ausgeübt werden und eignet sich besonders für Flachwasserzonen und Uferbereiche. Und genau hier liegt das Problem: Menschen gelangen in bisher wenig gestörte Gebiete. Weil SUP nahezu geräuschlos erfolgt, schätzen viele das Störpotenzial für Tiere fälschlicherweise als gering ein.

Studien in Deutschland haben aber gezeigt, dass insbesondere Wasservögel die Silhouette und die Bewegungen von Paddelnden als Bedrohung wahrnehmen. Bereits ein einzelner Paddler kann auf 1000 Meter Abstand eine Fluchtreaktion auslösen. Das kostet die Vögel viel Energie, erzeugt Stress und kann das Überleben und den Fortpflanzungserfolg der Tiere beeinträchtigen. Wichtige Lebensräume, Brutplätze und Rastgebiete für Zugvögel und Wintergäste werden dadurch gefährdet.

Regeln sind wenig bekannt

Die Problematik ist auch bei Swiss Canoe, dem Schweizerischen Kanuverband, bekannt. Geschäftsführerin Annalena Kuttenberger meint, «viele Paddelnde sind eigentlich offen gegenüber den Anliegen des Naturschutzes. Es fehlt ihnen aber am nötigen Wissen.» Die Folgen ihrer Aktivität und die geltenden Regeln, etwa in Naturschutzgebieten, sind wenig bekannt.

Die Unkenntnis umfasst übrigens auch die Schifffahrtsregeln. Kaum einem Paddelnden ist bewusst, dass er sich genau wie Motor- oder Segelboote an gewisse Verkehrsregeln halten muss. Während Bootsführer eine Lizenz benötigen, kann man auf dem SUP Board hingegen einfach lospaddeln.

Pro Natura und Swiss Canoe engagieren sich deshalb mit anderen Partnern aktiv in der Information und Sensibilisierung. In einem neuen Merkblatt wird erläutert, wie durch Rücksicht Störungen reduziert werden können. Wie in einem Ampelsystem zeigen einige einfache Regeln, wo Orte mit wenig Störpotenzial liegen, welche sensiblen Gebiete gemieden werden sollen und wo das Paddeln verboten ist.

Pro Natura erhofft sich, dass ab diesem Sommer das SUP so auf vielen Gewässern in naturverträglichere Bahnen gelenkt werden kann. Wir sind zuversichtlich, weil auch die wichtigsten Sport- und Branchenverbände quasi «mit auf dem Board sitzen».

Wie kann ich die Störung von Vögeln und anderen Wildtieren verringern?

Durch Einhaltung der hier aufgeführten Regeln können Paddelnde Rücksicht nehmen und Störungen reduzieren. Sie verringern so den Stress für Wasservögel und andere Wildtiere.

Eine wichtige Voraussetzung für störungsarmes Paddeln ist es, vorgängig Information einzuholen zu Ein- und Auswasserstellen, zu Schutzgebieten und zum Störpotenzial am entsprechenden Gewässer. Herzlichen Dank für Ihre Rücksichtsnahme!

Orte mit wenig Störpotenzial auswählen

  • Offene Wasserflächen, wenn keine Wasservogeltrupps zu sehen sind
  • Siedlungsbereiche und Gebiete mit Uferverbauungen
Ufer ohne Wasservogeltrupps Stefan Werner

Rücksichtsvoll paddeln

  • Nicht direkt auf Vögel zusteuern und diese nicht verfolgen.
  • Nicht durch Ufervegetation ans Gewässer gelangen. Öffentliche Ein- und Auswasserungsstellen sowie Rastplätze nutzen.
  • Abstand vergrössern, wenn Vögel eine Reaktion zeigen (z. B. Wegschwimmen).
  • Nicht nachts paddeln. Wasservögel sind auch dann empfindlich.
Mann steht mit Hund auf einem Board und beobachtet ruhig die Vögel aus Distanz Reinhold Wick

Sensible Gebiete meiden

  • Vor ausgedehnten Schilfgürteln. Hier leben insbesondere im Frühling und Sommer störungsanfällige Vögel, die bereits auf grosse Distanz empfindlich reagieren.
  • Im Sichtbereich von Wasservogeltrupps. Wenn ein erster Vogel flieht, fliegt oft der ganze Schwarm auf.
  • Kiesinseln und Aufschüttungen. Sie dienen störungsempfindlichen Vögeln als Brut- und Rastplatz.
  • Mündungsbereiche von Fliessgewässern. In Hitzeperioden sind sie oft der letzte kühle Rückzugsort für Fische.
Entenschwarm vor dem Schilf Verena Keller

Paddeln unterlassen

  • In Naturschutzgebieten sowie deren Umgebung. Meist sind die Gebiete mit gelben Bojen oder Schildern markiert.
  • In Wasser- und Zugvogelreservaten und deren Umgebung. Hier brüten, rasten und überwintern gefährdete Vogelarten.
  • Bestände von Wasserpflanzen wie Schilf, Binsen und Seerosen dürfen nicht befahren werden.
Die gelbe Boje markiert das Schutzgebiet mitten im See Association de la grande Cariçaie

Ihre Ansprechpartner bei SUP Fragen

Wichtige geschützte Lebensräume, wie Wasser- und Zugvogelreservate, Auengebiete und Flachmoore sind auf dem Geoportal des Bundes einsehbar. Die Kantone können weitere Einschränkungen für SUP erlassen.

Fragen zur lokalen und regionalen Situation beantworten:

Fragen zu nationalen Rechtsgrundlagen im Bereich Naturschutz beantwortet:

Um die Sicherheit beim Paddeln zu gewährleisten, sind einige Grundsätze zu beachten. Wichtig ist zudem, die Wetter- und Wassersituation im Auge zu behalten.

Webseite Swisscanoe: Sicher unterwegs

Weiterführende Informationen

Info

Dieser Artikel wurde im Pro Natura Magazin publiziert.

Das Pro Natura Magazin nimmt Sie mit in die Natur. Es berichtet über kleine Wunder, grosse Projekte und spannende Persönlichkeiten. Prächtige Bilder und exklusive Angebote runden das Lesevergnügen ab. Alle Pro Natura Mitglieder erhalten das Magazin exklusiv fünf Mal im Jahr. Es blickt auf 48 Seiten hinter die Kulissen politischer Entscheide, präsentiert Forschungsergebnisse, erklärt die Natur. Und es schildert, wo, wie und warum Pro Natura für die Natur kämpft.

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