Auenwald an der Birs Raphel Weber
12.06.2025 Wald

Unnötiger Systemwechsel gefährdet den Schweizer Wald

Mit der Annahme der völlig überflüssigen Motion Würth zur Flexibilisierung des Rodungsersatzes hat der Nationalrat heute einen gefährlichen Systemwechsel beschlossen: weg von der 150-jährigen Tradition des flächenmässigen Walderhalts hin zu dessen Dezimierung. Ein Rückgang der Waldfläche im Mittelland ist damit vorprogrammiert.

Seit bald 150 Jahren dient das Schweizer Waldgesetz dem Grundsatz, den Wald in seiner Fläche zu erhalten. Nach einer Waldrodung muss daher die gleiche Fläche wieder aufgeforstet werden. Laut offiziellen Umfragen entspricht das auch eindeutig dem Wunsch der Schweizer Bevölkerung (78 Prozent spricht sich dafür aus). Mit der Annahme der Motion Würth «Für eine Flexibilisierung des Rodungsersatze» ist dieser Grundsatz heute jedoch empfindlich geschwächt worden.

Waldrodungen ohne Wiederaufforstung als Norm?

Gemäss der Motion des St. Galler Mitte-Ständerats Benjamin Würth, soll neu mindestens 50 Prozent der gerodeten Waldfläche anstatt durch neuen Wald mittels Aufwertung bestehenden Waldes kompensiert werden. Aus Sicht von Forstwirtschaft und Naturschutz ist das ein gefährlicher Systemwechsel: weg vom Erhalt des Schweizer Waldes hin zu dessen Dezimierung. «Nach 150 Jahren erfolgreichem Einsatz für den Schutz und die Förderung des Waldes, würde damit der Weg frei, Waldflächen zu roden, ohne sie wieder ersetzen zu müssen», empört sich Elena Strozzi, Verantwortliche Waldpolitik bei Pro Natura.

Das Ganze kommt zudem zur Unzeit: Der Schweizer Wald steht aktuell aufgrund von Klimawandel und Landnutzungskonkurrenz bereits stark unter Druck, wie der aktuelle Waldbericht 2025 des BAFU zeigt. Im Mittelland und im Jura nimmt die Waldfläche bereits ab. Viele Mittellandkantone haben um ihren Wald zudem bereits statische Waldgrenze gezogen. Hier kann der Wald planerisch nicht mehr wachsen, sondern nur noch abnehmen. «Genau in diesen Kantonen ist aber mit den meisten Rodungen zu rechnen», erklärt Strozzi. «Ohne Ersatz ist hier eine weitere Abnahme der Waldfläche vorprogrammiert.»

Rodungsersatz in Ausnahmen schon heute möglich

Dabei sieht das aktuelle Waldgesetz die Möglichkeit von Rodungsersatz in Ausnahmefällen bereits vor. Diese Regelung funktioniert laut Exponenten der Forstwirtschaft in der Praxis gut. Die Aufweichung des Waldgesetzes dient somit einseitig den Interessen der Bau- und Landwirtschaft - auf Kosten des Waldes. Gleichzeitig werden drängende Herausforderungen für den Wald wie Klimaanpassung, Waldverjüngung, Wildbestand, Budgetkürzungen, CO2-Speicherleistung vernachlässigt. Um die wichtigen Funktionen des Waldes als Lebensraum, Erholungsort, Holzlieferant, Klima- und Niederschlagsregulator auch zukünftig zu gewährleisten, ist der Wald in seiner Fläche und Verteilung unbedingt zu erhalten.

Weitere Informationen:

Kontakt:

  • Elena Strozzi, Projektleiterin Waldpolitik & Raumplanung, Tel. 079 555 33 79, @email
  • Nathalie Rutz, Medienverantwortliche, Tel. 061 317 92 24 und 079 826 69 47, @email