Im Wald und am Waldrand leben fast die Hälfte aller in der Schweiz bekannten Pflanzen, Tiere und Pilze. Viele dieser waldbewohnenden Arten sind aber trotz der relativ naturnahen Wälder in der Schweiz gefährdet. Diese Arten brauchen zum Beispiel mehr Totholz, mehr Licht oder eine bessere Verbindung mit dem offenen Kulturland. Pro Natura setzt sich in ihren Schutzgebieten und mit Förderprojekten für die Ansprüche dieser Arten ein:
- Wir sichern rund 40 Naturwaldreservate, in welchen viel Totholz steht und natürliche Prozesse ungestört ablaufen können, zum Beispiel im Justistal BE.
- Wir betreuen zahlreiche eigene Schutzgebiete, wo Platz für licht- und wärmeliebende Arten entsteht. Lichte Wälder bieten neue Lebensräume, z.B. für den Schmetterling «Waldteufel», die Orchidee «Frauenschuh» und die seltene Pflanze «Färber-Ginster» im Schutzgebiet Immenberg TG.
- Wir realisieren Projekte, in welchen auch ausserhalb von Schutzgebieten seltene Waldarten gefördert werden. Dank Pro Natura findet der Gelbringfalter im Naturpark Thal wieder mehr lichte Wälder.
Der Lebensraum Wald muss natürlich bleiben
Die Gesellschaft hat viele Ansprüche an den Wald. Er soll vor Naturgefahren schützen und zugleich Luft und Wasser filtern. Der Mensch nutzt Holz, erholt sich, treibt Sport, jagt im Wald. Dies alles bleibt langfristig nur möglich, wenn die Nutzungen naturschonend sind. Naturschonend heisst für uns:
- Wir unterstützen einen strengen Schutz der Waldfläche und sehen es nicht als Problem, dass die Waldfläche zunimmt. Mehr Wald in den Bergen darf nicht zu Lockerungen beim Waldschutz im Flachland führen.
- Wir befürworten die Holzgewinnung im Rahmen eines naturnahen Waldbaus. Dieser verwendet einheimische, standortgerechte Baumarten und fördert natürliche Strukturen und Prozesse im Wald. Eine grosse Vielfalt an heimischen Baumarten ist auch die einzig richtige Antwort auf ein sich änderndes Klima. Wir unterstützen das FSC-Label als Zeichen für eine umwelt- und sozialverträgliche Waldnutzung.
- Die Länge der Waldstrassen soll nicht mehr zunehmen. Neue Strassen müssen durch Rückbau andernorts kompensiert werden.
- 10% des Schweizer Waldes sollen ganz der Natur überlassen werden. Auf weiteren 8% möchten wir die Vielfalt an Tieren und Pflanzen gezielt unterstützen.
Waldreservatstypen im Detail
Waldreservate sind Naturschutzgebiete im Wald. In der Schweiz werden zwei grundlegend verschiedene Typen unterschieden. Beide haben ihre Berechtigung und sind für die Förderung der Waldbiodiversität nötig.
In Naturwaldreservaten wird vollständig auf die Holznutzung verzichtet. Die Bäume dürfen ihr natürliches Lebensalter erreichen und bleiben auch nach dem Zerfallen im Wald. Dieses Alt- und Totholz wird von unzähligen Pilzen, Flechten und spezialisierten Käfern bewohnt. Erste Waldreservate wurden in der Schweiz ab Beginn des 20. Jahrhunderts angelegt: Scatlè (1910), Schweizerischer Nationalpark (1914), Aletschwald (1933).
In Sonderwaldreservaten wird der Wald bewirtschaftet und zwar ganz gezielt zugunsten von bestimmten Waldtypen oder seltenen Arten. So gibt es Waldgebiete, die stark aufgelichtet werden, damit die vorhandenen Orchideen gedeihen oder solche, in denen der Wald so gestaltet wird, dass er als Lebensraum für Auerhühner attraktiv ist.
Übersicht über die Waldreservate in der Schweiz
Wald im Klimawandel
Das Klima verändert sich. Es wird wärmer und trockener. Stürme und andere Extremsituationen nehmen zu. Mit dem Klima ändern sich auch unsere Wälder. Welche Bäume kommen mit diesen Bedingungen am Besten zurecht? Aus unserer Sicht sind folgende Grundgedanken wichtig:
- In der Schweiz gibt es fast 50 heimische Baumarten. Einige Arten sind an trockene und warme Lagen angepasst (zum Beispiel die Trauben-Eiche oder der Schneeballblättrige Ahorn). Im benachbarten Mittelmeerraum wachsen in wärmeren Klimazonen weitere Baumarten. In dieser Vielfalt finden wir genügend Arten für das Klima von morgen.
- Ein zukunftsfähiger Wald braucht vor allem eine Vielfalt an Baumarten, die dem Standort entspricht. Verschwindet eine Baumart z.B. durch längere Trockenheit, dann ist nicht der ganze Wald gefährdet. Gepflanzte Wälder mit mehrheitlich der gleichen Art sind keine gute Ausgangslage. Wir müssen aus den Fehlern der Vergangenheit lernen. Solche Probleme wie mit der Fichte in den tiefen Lagen dürfen sich nicht wiederholen.
- Das Pflanzen von Bäumen aus Übersee birgt Risiken. Das zeigen die negativen Auswirkungen von Götterbaum und Robinie: Sie vermehren sich sehr erfolgreich und verdrängen die heimischen Pflanzen. Es braucht keine neuen Experimente. Pro Natura steht deshalb der Pflanzung und Förderung weiterer Gastbaumarten aus Übersee kritisch gegenüber, zum Beispiel der Douglasie.
- Der Wald ist dynamisch. Nach Grossereignissen kann er sich oft aus eigener Kraft selbst erneuern. Ohne menschliche Eingriffe entfaltet dieser Lebensraum seine natürliche Regenerationskraft - auch im Zusammenhang mit der Klimaänderung.
Pro Natura setzt auf natürliche Biodiversität – also auf die Vielfalt an Lebensräumen, Arten und Erbgut. Dies ist die beste Antwort auf die Ungewissheit, die mit dem Klimawandel über unseren Wäldern schwebt.
Weiterführende Informationen
Info
Wir suchen neue Naturwaldreservate
Besitzen Sie Wald und möchten Sie die Fläche zu einem Naturparadies umgestalten? Bis 2030 wollen Bund und Kantone 5% der Waldfläche an die Natur zurückgeben. Pro Natura unterstützt dies und sucht Waldeigentümer, die - gegen Entschädigung - in ihrem Wald längerfristig auf eine Nutzung verzichten möchten. Die Mindestgrösse für ein neues Naturwaldreservat beträgt 20 ha. Wir freuen uns über Ihre Kontaktaufnahme.
Kontakt
Weitere Auskünfte:
Lesly Helbling
Tel. 061 317 91 48
lesly.helbling@pronatura.ch