Ziege in Crémines Matthias Sorg
Landwirtschaft

Crémines: Ziegen im Dienst der Natur

Seit Jahren verbuschen in Crémines BE zwei magere Weiden. Die artenreichen Flächen wurden kaum noch genutzt. Wir wollen diese aussergewöhnlichen Biotope retten und haben dazu ein Weideprojekt mit Ziegen gestartet.

In Crémines, im Berner Jura, liegen die rund 8 Hektaren grossen Weiden «Trois Tilleuls» und «Petite Fin». Beide Gebiete sind im Inventar der Trockenwiesen und -weiden von nationaler Bedeutung aufgeführt. Um zu verhindern, dass diese aussergewöhnlichen Biotope verschwinden, hat Pro Natura ein Projekt zur gezielten pflegerischen Nutzung des Gebietes gestartet. Im Zentrum des Projekts stehen ein junger, innovativer Landwirt und seine Ziegenherde.

Ziegen sollen verlorene Vielfalt zurückbringen 

Starker Bewuchs mit Brombeeren, Schwarz- und Weissdorn sowie aufkommenden Bäumen bedroht den grossen Artenreichtum des Gebietes. Nach mehrjährigen Vorbereitungsarbeiten streifen neuerdings 26 Ziegen der robusten Rassen Gemsfarbige Gebirgsziege, Burenziege und Bündner Strahlenziege durch ihren neuen Lebensraum.

Ihre Aufgabe? Die flinken Wiederkäuerinnen sollen die Büsche durch Verbiss zurückdrängen. Damit entsteht Raum für die typische Weideflora, zu der mehrere Orchideenarten und der Kreuzenzian gehören. Nach zwei Monaten auf der Weide sind die Ergebnisse bereits bemerkenswert. Alle sind zufrieden – ausser den arg zerfressenen Büschen!

Ivo der Jungbauer mit seinen Ziegen Matthias Sorg
Landwirt Ivo Rohrer mit seinen Ziegen.

Am Anfang stand das Gespräch

Pro Natura suchte 2020 das Gespräch mit der Gemeinde Crémines als Eigentümerin der Weide und der Abteilung Naturförderung des Kantons Bern, um die Nutzung und Pflege dieser jahrelang vernachlässigten Weide neu anzustossen.

Die Gemeinde nahm unsere Initiative sofort auf. Sie war sich des Wertes dieser bedrohten Weiden bewusst. Unsere Unterstützung und das Fachwissen von Pro Natura wurden gerne angenommen. Die Gemeinderät:innen und die Abteilung Naturförderung waren begeistert von der Idee, eine Ziegenherde zu nutzen.

Lola und die Orchidee
Eine Pro Natura Weihnachtsgeschichte

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Eine erfolgreiche Partnerschaft

Nach einer Ausschreibung und der Vorstellung des Pro Natura-Projekts durch die Gemeinde gingen mehrere Bewerbungen ein. Die ansässige Familie Rohrer erhielt den Zuschlag. Sie besass bereits einige Ziegen und zeigte sich besonders interessiert am Vorhaben.

In Gesprächen mit der Familie Rohrer wurden die Bedürfnisse im Zusammenhang mit der Instandsetzung der Weide diskutiert und geklärt. Schnell entstand ein Vertrauensverhältnis zwischen Ivo, dem engagierten Landwirt, und Quentin Kohler, dem Projektleiter der «Aktion Hase & Co.» BEJUNE.

Die erste grosse Aufgabe bestand darin, die Zäune am steinigen Hang wieder instand zu setzen. Eine riesige, aber wichtige Aufgabe! Ziegen sind vorwitzig. Sie finden kleinste Lücke im Zaun und nutzen diese sofort für «Ausflüge». Die zwei Söhne der Familie Rohrer packten also kräftig an.

Auch an Luchs und Wolf musste beim Zaunbau gedacht werden. Pro Natura setzte zwei Spezialisten für grosse Beutegreifer ein, die den Landwirten beratend zur Seite standen. Während der Begehungen wurden mehrere mögliche Schwachstellen entdeckt. Auf diese wurde beim Bau der Zäune besonders geachtet. Der Landwirt schätzte es, praktische Ratschläge direkt vor Ort zu erhalten. Die Herde ist so besser geschützt, auch wenn es keine totale Sicherheit vor Beutegreifern geben kann.

Der Bau des Zauns war die erste große Aufgabe Matthias Sorg
Der Zaunbau war die erste grosse Aufgabe.

Parallel zu den Bauarbeiten am Zaun schlug die neue Bewirtschafterfamilie erste Schneisen in die ausgedehnten Gebüsche. Durch diese teilweise von Hand geschnittenen Gassen können die Ziegen in die dichte Vegetation eindringen und diese abknabbern. Aber warum Handarbeit? Massnahmen, die den Boden aufreissen, können kontraproduktiv sein. Wir möchten nicht, dass der vorhandene Adlerfarn die offenen Flächen überwuchert. Darauf muss bei der Umsetzung der Massnahmen geachtet werden, um nicht ein neues Problem zu schaffen.

Ein Paradies für Ziegen

Die 26 Ziegen streifen seit dem 22. Mai 2023 über die Weide und leisten gute Arbeit. Viele Büsche sind bereits geschwächt, was für den weiteren Verlauf ermutigend ist. Ivo, der Landwirt, ist von seinen Ziegen beeindruckt. Die ersten wichtigen Schritte zu einem erfolgreichen Projektverlauf sind getan.

Es sind noch viele Arbeitsstunden nötig, um weitere Flächen vom Gestrüpp zu befreien und schliesslich die vollflächige Beweidung wieder zu ermöglichen. Die Aktion hat gerade erst begonnen. Alle sind gespannt auf die kommenden Jahre. Die Ziegen haben noch viele Büsche vor sich. Am Ende all dieser Arbeit sollen Orchideen, Kreuz-Enzian und Schmetterlinge, die früher zahlreich auf diesen Weiden vorkamen, die Biodiversität von neuem bereichern.

Objekt Information

Name: Le Crât (Bundesinventar der Trockenwiesen und -weiden von nationaler Bedeutung)
Gemeinde: Crémines