Grosse Strommasten für kleine Gelbbauchunken
Hochspannungsleitungen ziehen sich durch ausgeräumte, intensiv genutzte Landschaften und queren auch ökologisch wertvolle Standorte. Wie Perlenketten reihen sich die Masten zum Beispiel entlang der Stromleitungen durch das Gebiet zwischen Saane und Aare, ausgehend vom AKW Mühleberg und dem danebenstehenden Wasserkraftwerk.
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Stromleitungen: Ideale Voraussetzungen für die Vernetzung
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Quelle: Bundesamt für Landestopografie, Swissgrid
- Das «Spinnennetz» von Stromleitungen mit Masten rund um die Kraftwerke Mühleberg ist für die Vernetzung von Tieren und Pflanzen ideal.
Diese Flächen unter den Strommasten von Hochspannungsleitungen nutzen wir Menschen selten, doch für die Natur können sie enorm wertvoll sein. Alle paar hundert Meter steht eine solche brachliegende Fläche. Wir können sie als Trittsteine nutzen, um den Lebensraum von Tieren und Pflanzen miteinander zu vernetzen.
Pro Natura geht mit diesem Projekt neue Wege und wertet die ungenutzten und unterschätzten Flächen mit Kleinstgewässern auf. Die künstlich angelegten Tümpel sind ideal für Unken, Kröten und Molche.
Für Gelbbauchunke und Fadenmolch
Im Fokus des Projekts stehen die seltene Gelbbauchunke und der Fadenmolch. Der Gelbbauchunke fehlen oft flache, kleine Laichgewässer, in denen sich das Wasser schnell erwärmt. Wichtig ist auch, dass die Tümpel regelmässig austrocknen. So hat es keinen Platz für Fressfeinde wie Fische und Libellenlarven. Neben idealen Laichgewässern braucht die Gelbbauchunke für den Rest des Jahres Verstecke in Holzhaufen, lockerem Waldboden oder dichter Vegetation.
Der Fadenmolch ist wenig wählerisch was die Ausstattung des Laichgewässers betrifft: wir finden ihn in kleinen temporären Gewässern wie Waldtümpeln, Wagenspuren, Gräben, Grubengewässern, aber auch in Kleinseen. Trotzdem ist er gefährdet, denn genau solche unscheinbaren Gewässer verschwinden zunehmend aus unserer Landschaft, weil sie einer effizienten Bewirtschaftung im Weg stehen. Da der Fadenmolch nur einige hundert Meter an Land zurücklegt, ist er auf eine gute Vernetzung von Laichgewässern angewiesen. Neue Gewässer werden nur in der Nähe von bestehenden Populationen besiedelt.
Bevor mit dem Bau der Tümpel begonnen werden kann, stehen zahlreiche Abklärungen an:
- Wo befinden sich geeignete Mastenstandorte?
- Wo sind die nächsten Vorkommen der Zielarten?
- Wie gross ist die Distanz zum Wald als Landlebensraum?
- Wer bewirtschaftet die Fläche um die Masten?
- Wie schätzen die jeweiligen kantonalen Fachstellen die Auswahl ein?
- Braucht es eine Baubewilligung und wer kümmert sich nach dem Bau um den jährlichen Unterhalt?
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© Pro Natura
- Für die Weiterführung des Projekts haben wir geeignete Mastenstandorte in verschiedenen Regionen im Mittelland gefunden. Pro Region sollen rund 10 Tümpel gebaut werden.
Diese Vorabklärungen brauchen viel Zeit. Sie sind aber wichtig, damit die Tümpel möglichst da liegen, wo sie für die Ausbreitung und Vernetzung der Zielarten sinnvoll sind und ihr Fortbestehen über mehrere Jahre sichergestellt ist.
Vernetzung in der Schweiz: der Projektplan
Das Projekt wird in rund acht Regionen im Mittelland weitergeführt. In jeder Region ist der Bau von mehreren Tümpeln und Kleinstrukturen zur Vernetzung innerhalb dieser Region geplant. Im Winter 2021/22 werden wir an den Standorten Wimmis (BE), Beznau (AG) und Kaisten (AG) mit dem Bau weiterer Tümpel beginnen. Im nächsten Winter folgt die Umsetzung an Standorten im Rheintal, in der Linthebene (SG) und in Aigle (VD).
Vom Strommast-Niemandsland zum Amphibien-Eldorado
BE: Pilotprojekt Mühleberg/Gümmenen/Laupen
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© Wolfgang Bischoff, naturschutzlösungen
- Idylle unter Strommasten: Selbst solche «Mini-Tümpel» sind sehr wertvoll für die Gelbbauchunken.
Im Kanton Bern im Gebiet Mühleberg/Gümmenen/Laupen legten wir im Winter 2018/2019 zehn kleine Tümpel unter Strommasten an. Eine eingelegte Folie verhindert das rasche Austrocknen. Neben den Tümpeln errichteten wir zusätzlich Kleinstrukturen wie Ast- und Steinhaufen. Auch andere Amphibien und Wildtiere wie zum Beispiel Hermeline profitieren von diesen Strukturen in der Landschaft.
Einmal im Jahr muss das Wasser der angelegten Tümpel abgelassen werden. Auch das Laub sollte nicht im Tümpel liegen bleiben. Diese Pflegearbeit teilen sich Pro Natura Bern Mittelland mit den jeweiligen Bewirtschafter der landwirtschaftlichen Flächen.
Unser Pilotprojekt war ein voller Erfolg: Wir freuen uns sehr, dass wir bereits nach einem Jahr die Gelbbauchunke als Gast begrüssen dürfen.
Mit guter Partnerschaft zum Erfolg
Wir danken allen für die Unterstützung des neuen Amphibien-Eldorado. Von Anfang an stiessen wir auf grosses Interesse und freudige Begleitung.
Unsere Partnerinnen sind:
- BKW Ökofonds, Stotzer-Kästli Stiftung, Abteilung Naturförderung Kanton Bern, Amt für Wald und Naturgefahren Bern
- Swissgrid als Eigentümerin der Strommasten
- die Landeigentümer/-innen und Bewirtschafter
- Büro naturschutzlösungen
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