Jagd und Fischerei: Aktiver Beitrag zum Naturschutz in der Schweiz
Wildtiere sind unsere Nachbarn und teilen mit uns den Lebensraum. Das Vordringen des Menschen und die zunehmende technische Überlegenheit erhöhte in der Vergangenheit den Druck auf Wildtiere. In der Folge wurden Tierarten ausgerottet und Lebensräume zerstört. Die Rückkehr von Rothirsch, Biber oder Wolf ist ein ermutigendes Beispiel für die Wirkung moderner Jagd- und Schutzbestimmungen. Ein Lichtblick in einer Zeit, in der die Biodiversität gefährdet ist wie nie zuvor.
Herausforderungen und Engagement
Eine fachlich fundierte Jagd respektiert Wildtiere als wichtigen Bestandteil unserer Umwelt und darf Tierarten in ihrer Verbreitung nicht gefährden. Wichtig sind klare Regeln: Jagd- und Schonzeiten, Abschusspläne, Schutz von Elterntieren und schonende Jagdmethoden. Monitoring und Forschung zeigen, wo jagdliche Eingriffe nötig sind und welche Wirkung sie haben und gewährleisten eine evidenzbasierte Wirkungskontrolle im Wiltiermanagement.
Im Zusammenleben des Menschen gerade mit grossen, anpassungsfähigen Wildtierarten kann es zu Konflikten kommen. Dann wird schnell der Ruf nach Abschüssen laut. Pro Natura setzt sich dafür ein, dass Konflikte nicht einseitig auf Kosten der Tiere gelöst werden. Präventionsmassnahmen sowie Lebensraumaufwertungen müssen im Zusammenleben mit konfliktbehafteten Wildtieren einen mindestens ebenso hohen Stellenwert haben, wie jagdliche respektive regulierende Eingriffe in die Bestände.
Jagd und Naturschutz: kein Widerspruch
Aus Achtung vor dem Leben und aus Rücksicht auf die Ökosysteme wünscht sich Pro Natura eine Jagd, die zu Natur und Tier Sorge trägt:
- Wildtiere werden mit ihren Ansprüchen an die Lebensräume als Bestandteil unserer Kulturlandschaft respektiert.
- Die Jagd darf heimische Tierarten in ihrem Bestand und ihrer Verbreitung nicht gefährden und ihre Lebensräume nicht beeinträchtigen. Sie berücksichtigt die Anliegen des Tierschutzes und verzichtet auf ethisch fragwürdige Methoden wie die Baujagd oder die Nachstellung mittels Lebendfallen.
- Es bestehen konkrete, fachliche Zielsetzungen für jagdliche oder regulatorische Massnahmen, und deren Wirkung wird regelmässig überprüft. «Bestandsregulierung» als pauschale Begründung der Jagd lehnt Pro Natura ab.
- Jagende und Jagdbehörden pflegen ein modernes Verständnis fleischfressender Tierarten: kleine und grosse Beutegreifer werden nicht als «Schädlinge» oder «Konkurrenten» bekämpft, sondern ihr Daseinsrecht anerkannt und ihr Einfluss bei der Jagdplanung mitberücksichtigt.
- Gejagt wird nach wildbiologischen Vorgaben und aus ökologischen Motiven. Die Erlangung stattlicher «Trophäen» ist kein Selbstzweck. Weibliche Tiere ohne Stirnwaffen (Geweih) müssen erlegt werden, um ein ausgeglichenes Geschlechterverhältnis im Bestand zu gewährleisten.
Pro Natura anerkennt, dass die hiesige Jagd diese Zielsetzungen heute weitgehend erfüllt. Wir streben gemeinsam mit Jagdbehörden, Jagdverbänden sowie Jägerinnen und Jägern den Erhalt und die Förderung der Artenvielfalt an.
Schutz der Fische: Engagement an vielen Fronten nötig
Die heimischen Fischbestände sind durch Verbauung der Fliessgewässer, Klimaerwärmung, Schadstoffe und das Vordringen eingeschleppter Arten in Bedrängnis. Pro Natura setzt sich für Schutz und Wiederherstellung von Gewässerlebensräumen ein. Eine nachhaltige Fischerei garantiert den Erhalt der befischten Bestände und der Lebensräume. Auch fischfressende Vögel und Fischotter haben ihre Daseinsberechtigung. Nutzungskonflikte mit Kormoran, Gänsesäger und Co. können und sollen langfristig nicht mit dem Gewehr «gelöst» werden.
FAQ Jagd und Fischerei
Nein. Aus Sicht von Pro Natura haben die Jagd und Anglerei (Angelsport, Fischerei) als Form der nachhaltigen Nutzung ihre Berechtigung. Solange diese Aktivitäten den Beständen heimischer Tierarten nicht schaden, sind sie aus Sicht des Naturschutzes vertretbar. Forderungen nach einem Jagd- oder Angelsportverbot sind in der Regel ethisch, nicht ökologisch motiviert. Pro Natura sieht den hohen Fleisch- und Fisch¬konsum kritisch. Klar ist: Fleisch und Fisch aus Schweizer Jagd resp. Fischerei sind mit deutlich weniger Tierleid verbunden als Fleisch und Fisch aus der industriellen Tierhaltung oder Fischerei. Dazu verbrauchen sie viel weniger Ressourcen. Die Jagd kann zudem eine sinnvolle Massnahme des Wildtiermanagements sein.
Ein modernes, wissenschaftlich basiertes Wildtiermanagement trägt zu einem Ausgleich der Lebensraum- und Nutzungsansprüche von Tier und Mensch in der Kulturlandschaft bei. Es steht also nicht im Widerspruch zum Naturschutzgedanken. Viele Jäger:innen und Angler:innen setzen sich das ganze Jahr über für die Lebensräume der Wildtiere resp. Fische ein. Jäger:innen schneiden Hecken, mähen Trockenwiesen, lichten den Wald auf, schützen Jungbäume, retten Rehkitze vor der Mähmaschine, sichern Wildtierpassagen an Strassen, melden Beobachtungen seltener Tierarten für die Forschung. Manche Angelsportler:innen helfen mit, Fliessgewässer von Müll zu säubern, Fische und Flusskrebse bei Hitzewellen oder Dürren in grössere, kältere Gewässer umzusetzen oder zu Forschungszwecken zu fangen und zu markieren, oder sie leisten Freiwilligenarbeit in der Pflege von Uferzonen. Zudem sensibilisieren sie ihr Umfeld und die Öffentlichkeit für die Bedürfnisse der Wildtiere und Fische nach Ruhe, Nahrung und geeignetem Lebens¬raum. Gezielte jagdliche Eingriffe bei wildlebenden Paarhufern resp. Füchsen können lokal die Waldverjüngung resp. die erfolgreiche Fortpflanzung von seltenen Arten wie Feldhase oder Kiebitz unterstützen.
Nein. Die Kantone verfügen über das Jagdregal. Sie haben das Recht, bestimmte wildlebende Säugetiere und Vögel jagdlich zu nutzen bzw. durch ihre Bevölkerung nutzen zu lassen. Das Jagdrecht ist in der Schweiz nicht an Grundbesitz gebunden, sondern kann vom Kanton an Einzelpersonen (Patentjagd-System) oder Jagdgesellschaften (Revierjagd-System) übertragen werden. Die einzelnen Jäger:innen haben jedoch kein Anrecht auf eine bestimmte Anzahl erlegter Tiere. Sie können also nicht durch die Konkurrenz von Wolf oder Luchs «geschädigt» werden.
Die Bejagung darf den Bestand der bejagten Tierart und die Lebensräume nicht gefährden. Sie muss klaren, überprüfbaren Zielsetzungen folgen. Letzteres ist bei der Jagd auf Schneehuhn, Birkhahn, Waldschnepfe, Schnee- und Feldhase fraglich. Eine Bestandsregulierung ist bei diesen Arten nicht notwendig. Die Jagd ist jedoch nicht die entscheidende Gefährdungsursache. Die bedrohten Arten leiden vielmehr unter Störungen, Klimaerwärmung und Zerstörung, Degradation und Zerschneidung der Lebensräume. Deshalb ist aus Sicht von Pro Natura allerdings auch die Bejagung dieser Tierarten schwierig zu rechtfertigen.
Jagdbanngebiete wurden ursprünglich zur Erholung der überjagten Bestände an Wildhuftieren (Rothirsch, Gämse, Steinbock, Reh) geschaffen. Heute haben sie einen anderen Zweck, nämlich den ganzjährigen Schutz der Lebensräume gefährdeter Arten vor menschlicher Störung. Wasservogelschutzgebiete dienen dem Schutz empfindlicher Wasser- und Zugvogelarten. Der Schutz vor Jagd und Störung in diesen Gebieten bringt es mit sich, dass auch Wildhuftiere wie Rothirsch oder Wildschwein sich in den Gebieten wohl fühlen und zeitweise hohe Bestände erreichen. Dies kann zu Schäden am Wald und Konflikten auf benachbarten Landwirtschaftsflächen führen. Grundsätzlich handelt es sich um Fauna-Vorranggebiete: Abschüsse von Wildtieren müssen die letzte Massnahme bleiben und auch Land- und Forstwirtschaft, Naturschutz und Tourismus müssen ihren Beitrag an die Entschärfung von Konflikten leisten (z.B. durch angepasste Beweidung, Fruchtfolge, Zäunung, Waldwirtschaft, Besucherlenkung, Lebensraumpflege). Dies gilt insbesondere für die besonders störungsempfindlichen Wasservogelschutzgebiete und die integral geschützten Kernzonen der eidgenössischen Jagdbanngebiete. In den nur partiell geschützten „Umgebungszonen“ von Jagdbanngebieten sind dagegen gezielte regulatorische Eingriffe durch die Wildhut aus Sicht von Pro Natura vertretbar, sofern sie zeitlich befristet erfolgen und bezüglich ihrer Wirkung regelmässig überprüft werden.
Beutegreifer sind in aquatischen Lebensräumen ein wichtiger Bestandteil des Ökosystems, seien dies Raubfische wie der Hecht, fischfressende Vögel oder Säugetiere (Fischotter). In der verbauten, übernutzten Schweizer Kulturlandschaft sind Fische mit vielen Problemen konfrontiert: Staudämme, Überhitzung, zu wenig Restwasser, Chemikalien, eingeschleppte Arten, Verbauung der Gewässer und Ufer sowie dem Nutzungsdruck durch den Menschen und Fressfeinde. Kormoran, Gänsesäger und Co. sind nicht ursächlich für den Rückgang der Fische, werden aber gerne als «Sündenböcke» politisch instrumentalisiert. An einzelnen Gewässern kann der Frassdruck durch Vögel allerdings tatsächlich gross sein und bspw. Laichplätze der gefährdeten Äsche bedrohen. Hier können nach Ansicht von Pro Natura unter Umständen lokal begrenzte Abschüsse fischfressender Vögel nötig sein. Sie ersetzen jedoch nicht die nötige Revitalisierung und Unterschutzstellung grösserer Ufergebiete als Rückzugsgebiete für Fische.
In der Schweiz herrscht ein Mangel an Wasser- und Fischschutzgebieten. Der künstliche Besatz von Gewässern mit Jungfischen ist Symptombekämpfung und dient weniger dem Artenschutz als der fischereilichen Nutzung. Er ersetzt nicht die nötige Revitalisierung und Unterschutzstel-lung grösserer Wasser- und Ufergebiete als Rückzugsgebiete für Fische. Wenn schon Besatz, dann mit einheimischen Fischarten – die Aussetzung nicht heimischer Arten wie der Regenbogenforelle lehnt Pro Natura klar ab.