Doubs: Rettung für die bedrohte Idylle
Idyllisch und scheinbar unberührt schlängelt sich der Doubs entlang der Grenze zwischen Frankreich und der Schweiz und durch den Jura nach Frankreich. Im «Clos du Doubs», einer Flussschlaufe bei St. Ursanne, leben einige vom Aussterben bedrohte Fischarten, die es sonst nirgends in der Schweiz gibt:
- Die Zebraforelle oder Doubsforelle (Salmo rhodanensis)
- Die Sofie oder Südwesteuropäischer Näsling (Parachondrostoma toxostoma)
- Der Roi du Doubs, Rhone-Streber oder Apron (Zingel asper)
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Biosphoto/Yannick Goughenheim
- Roi du Doubs
Idyllischer Fluss für Menschen – hartes Pflaster für Fische
So schön und idyllisch der wildromantische Doubs auf den ersten Blick erscheint, so schlecht ist sein Zustand. Obwohl Behörden und Naturschutzorganisationen seit Jahren versuchen, die Bedingungen im Fluss für die zahlreichen Lebewesen zu verbessern: Die Fischbestände haben sich bisher nicht erholt.
Schuld daran sind mehrere Faktoren:
- Dünger wird von den landwirtschaftlich bewirtschafteten Feldern mit dem Regen ausgewaschen und gelangt in den Fluss. Dort fördern die Nährstoffe das Algenwachstum. Nackte Felskiesel schwinden, welche die Fische zur Eiablage benötigen.
- Fische können kaum noch wandern. Unterwegs schneiden ihnen viele Schwellen und Wehre im Doubs den Weg ab.
- Abrupt schwankende Wasserstände führten bis 2017 immer wieder dazu, dass viele Fische an den Ufern strandeten und starben. Dieses Problem ist unterhalb des letzten Kraftwerks gelöst, besteht aber bislang auf einer Teilstrecke weiter flussaufwärts noch immer.
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Doubs Vivant
- Schwelle bei Bellefontaine
Wasserqualität: Sauberes Wasser muss her
Der Doubs ist stark belastet – das zeigen drei von Pro Natura in Auftrag gegebene Untersuchungen. Durch die Kläranlagen, aber auch durch die Landwirtschaft und Forstwirtschaft geraten Nährstoffe und sogenannte Mikroverunreinigungen in den Fluss. Dies können zum Beispiel Antibiotikarückstände, kleinste Plastikpartikel oder auch Pestizide sein.
Zwar hat keiner dieser Stoffe seinen Grenzwert im Wasser überschritten. Die Kombination der verschiedenen Stoffe, der sogenannte «Cocktaileffekt», ist aber noch unbekannt.
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Matthias Sorg
- Der klare Schein trügt: Die Wasserqualität im Doubs muss sich verbessern
Rettung des Roi du Doubs durch die Berner Konvention?
Pro Natura engagiert sich gemeinsam mit weiteren Naturschutzorganisationen seit vielen Jahre auf nationaler Ebene für den Fluss. Bewegt hat sich wenig. 2011 wandten wir uns deshalb an die Berner Konvention. Die Berner Konvention ist ein völkerrechtlicher Vertrag des Europarates über den Schutz europäischer wildlebender Tiere und Pflanzen. Sie heisst Berner Konvention, weil sie im Rathaus von Bern unterschrieben wurde. Die Schweiz ist also vom allerersten Moment an mit dabei.
Gemeinsam mit dem Schweizerischen Fischerei-Verband (SFV) und dem WWF, sowie Partnerorganisationen aus Frankreich, legten wir erfolgreich Beschwerde ein. Die Berner Konvention sprach 2013 eine Reihe von Empfehlungen aus, die nun von Frankreich und der Schweiz umgesetzt werden müssen.
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Doubs vivant
- Kein Durchkommen für Fische: Künstliche Schwellen machen die notwendige Fortbewegung unmöglich.
Einige Erfolge, lassen sich dank dem Engagement von uns, Bund und Kantonen bereits sehen:
- Es gibt nun einen nationalen Aktionsplan zur Rettung des Doubs.
- Die Wasserkraftwerke verursachen auf einem Grossteil der Strecke keine übermässigen Wasserpegel-Schwankungen mehr.
- Die Ufer von Nebenflüssen des Doubs wurden an einigen Stellen renaturiert.
- Die grossen Kläranlagen am Doubs werden in den kommenden Jahren saniert.
- Damit die Fische wieder flussaufwärts wandern können, ist die Wiederherstellung der ökologischen Kontinuität geplant. Bei der Schwelle in St. Ursanne wurde bereits ein Umgehungsgerinne als naturnahe Fischaufstiegshilfe erstellt.
Diese Erfolge sind erfreulich und enorm wichtig für den Lebensraum des Doubs. Leider reichen sie aber noch nicht aus, damit sich die Fischbestände im Doubs erholen können. Im Gegenteil: Das Bundesamt für Umwelt konnte in den letzten Jahren nur noch vereinzelte Exemplare des Roi du Doubs finden – im Jahr 2024 wurde gar kein Apron mehr gesichtet.
Es ist 5 vor 12 – wir verstärken unsere Arbeit
Auch wenn sich die Behörden bemühen, etwas zu verändern - die Schweiz reagiert zu langsam auf die Probleme rund um den Doubs. Um den Roi du Doubs und andere seltenen Arten zu retten, braucht es schnellere Fortschritte – in allen Bereichen. Damit die Fische weiterhin im Doubs leben können, braucht es uns alle. Alle Beteiligten müssten ihr Engagement verstärken.
Projet «Doubs Vivant»
Pro Natura hat gemeinsam mit dem WWF und dem Schweizerischen Fischerei-Verband (SFV) das Projekt «Doubs vivant» lanciert. Das Projekt zielt darauf ab, unsere Arbeiten für einen lebendigen Doubs noch wirkungsvoller zu bündeln. So sollen jene Projekte vorangetrieben werden, die den grössten Nutzen für die Natur haben. Ausserdem stärken wir damit die Zusammenarbeit mit den Behörden.
Videoserie «Doubs vivant»
Mit einer Videoserie macht das Projekt «Doubs vivant» auf die Probleme des Doubs aufmerksam. Mit Unterstützung der Bevölkerung und Politik möchten wir die Verbesserungen am Doubs schneller vorantreiben.
Als Einstieg stellen wir die einzigartige Fischart näher vor: Warum ist der Roi du Doubs so speziell? Wieso schwindet sein Lebensraum? Ebenfalls zu Wort kommen die Menschen dahinter: Céline Barrelet, Projektleiterin bis 2023, führt in die Schönheit und die Probleme des Doubs ein, und Taucherinnen und Taucher von Aquarius berichten von ihren abenteuerlichen Ausflügen in den stillen und tiefen Gewässern auf der Suche nach dem Roi du Doubs.
Im zweiten Video gehen wir den Mikroverunreinigungen im Doubs auf den Grund. Welche Auswirkungen haben die Rückstände aus Waschmittel, Sonnencremes und Arzneimittel? Warum ist dieser Cocktail aus Fremdteilchen nicht nur für den Roi du Doubs, sondern für noch ganz viele andere Lebewesen am Doubs gefährlich? Céline Barrelet besucht die Kläranlage in Le Locle und zeigt auf, warum es für alle Kläranlagen dringenden Handlungsbedarf gibt. Was wir Menschen ins Abwasser abgeben, müssen wir auch wieder daraus entfernen.
Im tiefen, wilden Tal des Doubs scheinen landwirtschaftliche Pestizide oder Düngerüberschüsse weit weg zu sein. Leider trügt der Schein. Im karstigen Jura nimmt das Wasser komplexe Wege bis hinunter in den Doubs. Das hat Folgen. Warum dies für Arten und Lebensräume ein Problem ist, warum es einen Wandel in der Landwirtschaft braucht und welche Lösungen die extensive Bewirtschaftung bietet, erzählen Céline Barrelet und Landwirtin Mirjam Wespi.
Saugnäpfe an den Füssen? Erfahren Sie mehr über die Überlebensstrategien der verschiedenen Arten, die im Fluss und in seiner Umgebung vorkommen. Im vierten Video erzählen wir von den Wundern des Doubs, von Fischen, Amphibien und Vögeln, von bedrohten und ausgestorbenen Arten. Fischereiaufseher Patrice Malavaux nimmt uns zudem mit in die faszinierende, unbemerkte Welt der Wirbellosen.
Die Wasserkraftnutzung und viele künstliche Schwellen machen den Fischen im Doubs das Leben schwer. Unser letztes Doubs-Video nimmt Sie mit auf den Fluss. Fachleute erläutern Probleme und Lösungen. Kommen Sie an Bord!
Weiterführende Informationen
Kontakt
Aline Chapuis
Projektleiterin «Doubs vivant»
Tel. +41 79 793 07 71
@email