Stadt: eine Chance für die Natur
Die Natur im Siedlungsraum ist allgegenwärtig, wird von uns aber oft kaum wahrgenommen. Nicht nur Parks, Alleen und Gärten – auch Dächer, Fassaden und Parkplätze können wertvolle Natur beinhalten. Erstaunlich viele heimische Tier- und Pflanzenarten finden hier auf kleinstem Raum ein breites Spektrum unterschiedlichster Lebensräume, ein grosses Nahrungsangebot und Unterschlupf. Einige Arten profitieren sogar von der Stadt, weil Fressfeinde fehlen und sie hier eine Wärmeinsel vorfinden.
Wohlfühloasen für Tiere und Menschen
Naturflächen leisten einen Beitrag zur Erhaltung und Förderung der Artenvielfalt. Die Siedlungsnatur erfüllt nicht nur für Pflanzen und Tiere, sondern auch für uns Menschen wichtige Funktionen: sie reguliert die Temperatur und filtert die Luft, hält Regenwasser zurück, strukturiert den Raum und sorgt für Erholung im Alltag.
Trotz ihrer grossen Bedeutung gelangt die Siedlungsnatur aber zunehmend unter Druck. Heimische Arten leiden unter der Zunahme der versiegelten Fläche, der starken Zerschneidung ihrer Kleinstlebensräume, der Banalisierung von Grünflächen und der Konkurrenz durch invasive Neophyten. Angesichts des quantitativen Verlusts von Freiflächen ist es wichtig, die verbleibenden Grünräume in ihrer ökologischen Qualität aufzuwerten und besser miteinander zu vernetzen. Hier besteht viel Potential.
Die Siedlungsnatur braucht mehr Aufmerksamkeit
Gefordert sind Gemeinden, Raumplaner, Architektinnen, Landschaftsarchitekten, Gärtnerinnen, Bauunternehmen, Liegenschaftsverwalterinnen, Hausbesitzer. Neben Vorgaben und Beispielen zur Umsetzung des ökologischen Ausgleichs im Siedlungsraum und Richtlinien braucht es eine verstärkte Zusammenarbeit verschiedener Akteure, passende Anreize, Beratungen und Sensibilisierungen.
Das Natur- und Heimatschutzgesetzt verpflichtet die Kantone, für einen ökologischen Ausgleich im Siedlungsraum zu sorgen. Auch die Strategie Biodiversität Schweiz gibt Vorgaben zur Förderung der Biodiversität im Siedlungsraum. Pro Natura setzt sich dafür ein, dass diese Grundlagen verstärkt umgesetzt werden.
Pro Natura fordert, dass die öffentliche Hand ihre Vorbildfunktion wahrnimmt und öffentliche Grünflächen im Siedlungsraum wie Parks, Schulanlagen, Friedhöfe sowie Bahn- und Strassenböschungen naturnah gestaltet, aufwertet, vernetzt und unterhält.
Die Forderungen von Pro Natura
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Matthias Sorg
- Mit einigen wenigen Handgriffen kann man auch im Stadtgebiet Lebensräume für Tiere und Pflanzen schaffen.
- Ökologisch wertvolle und alte Strukturen erhalten
- Bestehende Frei- und Grünflächen qualitativ aufwerten
- Lebensräume vernetzen, Trittsteine errichten
- Der Gestaltung von Grünräumen mehr Gewicht einräumen
- Ökologisches Knowhow in Planung, Umsetzung und Unterhalt fördern und fordern
Pro Natura packt auch selber an: Wir beraten Wohnbaugenossenschaften und Gemeinden, wie sie ihre Flächen ökologisch aufwerten können.
Für Privatpersonen haben wir 2020 mit unserem Wettbewerb «Naturgärten – kleine und grosse Paradiese» naturnahe Gärten, innovative Projekte und Balkone zertifiziert und die schönsten Gärten prämiert.
Zwei Beispiele für mehr Natur im Siedlungsraum
Kindertagesstätte Leolea
Die Kindertagesstätte Bucher Areal von der Trägerschaft Leolea auf einem alten Fabrikareal in Burgdorf hat einen kleinen Aussenraum. Dieser war durch die diversen Baustellen arg in Leidenschaft gezogen und weder für die Kinder noch für Tier- und Pflanzenarten eine Wohlfühloase.
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© Leolea
- Aus einem kargen Platz wurde eine kleine Spieloase für die Kinder und ein Lebensraum für Tiere.
Pro Natura beriet den zuständigen Architekten sowie die Verantwortlichen der Kita hinsichtlich der ökologischen Umgestaltung. Das Ziel war, einen Aussenraum zu schaffen, der den Kindern Naturerlebnisse ermöglicht und der auch Lebensraum für verschiedene Tiere bietet.
Die Planung und Realisierung erfolgt durch einen Fachbetrieb. Eine Herausforderung war, die vielen Ansprüche und Nutzungen in den kleinen Raum zu integrieren, die Umsetzung während des Kita-Betriebs sowie die sofortige Inbetriebnahme durch die Kinder.
Rebecca Frangi, Bereichsleiterin Leolea: «Wir sind sehr glücklich mit dem Garten und freuen uns schon auf nächsten Frühling, wenn wir dann konkret mit den Kräutergärten arbeiten.»
Ausführung durch spielraum.ch.
Allgemeine Baugenossenschaft Zürich
Die Allgemeine Baugenossenschaft Zürich (ABZ) ist mit 58 Siedlungen und über 12'000 Bewohnerinnen und Bewohner in der Stadt und im Grossraum Zürich die grösste Wohnbaugenossenschaft der Schweiz. Im Rahmen der Feierlichkeiten zum 100-jährigen Bestehen erarbeitete die ABZ ein Ökologiekonzept.
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© Andrea Haslinger
- Diese ungenutzte Rasenfläche bietet viel Potenzial für eine Wiese mit ökologischer Vielfalt.
Dieses definiert auch Ziele im Bereich Natur und Umgebung. Unter anderem sollen Umgebungen so gestaltet werden, dass sie einen Beitrag zur Förderung der Artenvielfalt leisten. Um Erfahrungen zu sammeln betreffend Planung, Realisierung und Unterhalt von aufgewerteten Flächen, arbeitet die ABZ eng mit Pro Natura zusammen.
Wir bewerten den ökologischen Zustand sowie das Aufwertungspotential der verschiedenen Flächen, analysieren die ökologische Vernetzung rund um die Siedlungen, empfehlen Ziele und Massnahmen. Schliesslich beraten wir die ABZ bei der Planung und Umsetzung von Aufwertungen und Neuanlagen und unterstützen sie, das nötige Wissen intern aufzubauen.