Insekten

Insekten sterben – mit ihnen unsere Lebensgrundlage

Wir wollen das Überleben der Insekten sichern

Biene auf Acker-Wittwenblume Matthias Sorg
Das Insektensterben ist ein alarmierendes Zeichen für den allgemeinen Verlust an Biodiversität und bedroht unsere Lebensgrundlage. Wir wollen das Überleben der Insekten sichern – denn ohne sie ist auch unser Leben nicht möglich. 

Mindestens 163 Insektenarten gelten in der Schweiz als ausgestorben, darunter der Kreuzdorn-Widderbock, die gefleckte Schnarrschrecke oder die grosse Zangenliebelle. Wie die Ameisenjungfer klammern sich die Insekten zur Zeit an jeden Strohhalm: 

  • Innerhalb der kurzen Zeit von nur drei Jahrzenten hat der Mensch in verschiedenen Gebieten die Insektenpopulationen um bis zu 75 Prozent dezimiert.  
  • Auch die Zahl der Arten nimmt dramatisch ab: zwei Drittel aller Schmetterlings- und Wasserkäferarten sind in ihrer Existenz bedroht.  
  • 40 Prozent der bisher untersuchten Insektenarten der Schweiz gehören zu den «gefährdeten Arten».  

Darum sind die Insekten in Gefahr

Der massive Rückgang der Insekten hat, je nach Art und Lebensraum, verschiedene Ursachen. Hauptgründe für das Insektensterben sind die intensive Landwirtschaft, der massive Einsatz von Pestiziden sowie die Zerstörung der Lebensräume. Die Lichtverschmutzung und der Klimawandel sind weitere wichtige Gründe. 

Intensive Landwirtschaft

Einen starken negativen Einfluss auf Natur und Umwelt hat die intensive Landwirtschaft. Sie ist hauptsächlich verantwortlich für die hohe Belastung mit Pestiziden.

Diese Gifte entfalten ihre Wirkung auch an den sogenannten «Nichtziel-Organismen» wie Wild- und Honigbienen. Die Auswirkungen können entweder sofort eintreten oder sich erst im Lauf der Zeit bemerkbar machen. In beiden Fällen sterben die Insekten an den Pestiziden.

Bauer fährt mit Traktor durch blühendes Feld und verspritzt Pestizide
Pestizide vernichten nicht nur Schädlinge, sondern alle Insekten in der Landwirtschaft.

Verlust der Lebensräume

Durch die massive Bautätigkeit, die intensive Landwirtschaft und die Entwässerung von Feuchtgebieten zerstört oder zerstückelt der Mensch die natürlichen Lebensräume von Insekten. Auch der Rückgang artenreicher Trocken- und Bergwiesen führt zum Verlust wertvoller Lebensräume.

Weil viele Insekten ausserdem nicht sehr mobil sind und selbst unscheinbare Hindernisse wie Randsteine nicht überwinden können, sind sie nicht in der Lage, sich in anderen Lebensräumen anzusiedeln.

Baustelle mit Kranen direkt vor Wald
Mit neuen Baufeldern verschwindet immer auch Lebensraum für die Insekten.

Lichtverschmutzung

Die Hälfte aller Insektenarten ist nachtaktiv. Sie sind auf Dunkelheit und natürliches Licht von Mond und Sternen angewiesen. Rund um die Uhr erleuchtete Strassen, grelle Leuchtreklamen oder Gartenbeleuchtungen stören ihr natürliches Verhalten – mit negativen Auswirkungen auf ihre Überlebenschancen.

Fluginsekten werden von künstlichen Lichtquellen wie von einem Staubsauger an-  und gleichzeitig aus anderen Ökosystemen abgezogen. Sie sterben an Erschöpfung oder als leichte Beute von Vögeln und Fledermäusen.

Schmetterlinge im Dunkeln fliegen zu einer Lichtquelle
Die Lichtverschmutzung ist für die Insekten ein grosses Problem.

Kleine Tiere – grosse Leistung

Insekten sind die artenreichste Klasse im Tierreich. Weltweit sind 60 Prozent aller Tierarten Insekten. Ihr Verschwinden hat somit einen massiven Einfluss auf das Überleben anderer Arten. Das Insektensterben ist ein alarmierendes Zeichen für den allgemeinen Verlust an Biodiversität – und bedroht unsere Lebensgrundlage. Denn das Ökosystem ist wie ein Sicherungsnetz: sind zu viele Fäden kaputt, hält das Netz nicht mehr. 

Blütenbestäuber

Insekten bestäuben Blüten fast aller Wild- und Kulturpflanzen. Erdbeeren, Raps oder Kaffee: rund ein Drittel der weltweiten Nahrungsmittelproduktion ist abhängig von Insekten. Ohne sie können sich viele Wild- und Nutzpflanzen nicht weiterverbreiten oder Früchte produzieren. Herrscht Mangel an den bestäubenden Insekten, fallen die Ernten geringer aus.

Dabei spielen Wildbienen eine weitaus grössere Rolle als bislang angenommen: Die Bestäubung durch «domestizierte» Honigbienen reicht bei weitem nicht aus, um die landwirtschaftlichen Erträge zu sichern.

Biene krabbelt auf einer Blüte.
Als Blütenbestäuber übernehmen Insekten eine wichtige Aufgabe im Ökosystem.

Futterquelle

Als primäre Futterquellen für viele andere Tiere sind die Insekten ein wichtiger Teil im Nahrungsnetz. Verschwinden Insekten, haben Vögel, Fische, Fledermäuse und andere Insektenfresser keine Nahrung mehr und auch sie sterben aus.

Dies zeigt sich zum Beispiel im massiven Rückgang der Feldlerchen in der Schweiz. 

Feldlerche David Iliff; License CC-BY-SA 3.0
Viele Tiere ernähren sich von Insekten - ihr Sterben bringt diese Arten unter Überlebensdruck.

Rezyklierer

Insekten sind unerlässlich für ein funktionierendes Ökosystem. Die Sechsbeiner wandeln organisches Material wie Totholz, Kadaver und Fäkalien in wiederverwertbare Rohstoffe um. Ohne Insekten droht die Natur in ihrem eigenen «Abfall» zu ersticken.

Gelbe Dungfliege Luc Viatour
Insekten sind Recycling-Helden: Zum Beispiel die Gelbe Dungfliege. Sie gehört zu den Arten, die den Kuhdung in wertvollen Humus verarbeitet.

Nützlinge

Auch in der Forst- und Landwirtschaft sind Insekten wichtige Nützlinge. Im Biolandbau, wo auf Pestizide weitestgehend verzichtet wird, ist die Förderung von Nützlingen ein elementarer Bestandteil der Produktion. Sie dämmen die Ausbreitung nicht erwünschter Insekten ein.

Gemüsebeet biodynamischer Hof Iffwil Matthias Sorg
Auch als Schädlingsbekämpfer im Gemüsebau leisten die Insekten wichtige Dienste.

Alle müssen handeln – gemeinsam gegen das Insektensterben!

Schlagzeilen, die das Aussterben der Insekten innerhalb eines Jahrhunderts prophezeien, sind absurd. Doch der wissenschaftlich bewiesene massive Verlust ist dramatisch und sollte ein Weckruf für uns alle sein. Um den Insektenschwund zu stoppen, braucht es grosse wie kleine Massnahmen. Nur wenn Konsumentinnen, Landwirte, Behörden und Verbände gemeinsam Verantwortung übernehmen, können wir das Insektensterben aufhalten.

Moschusbock
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Pro Natura

Auf politischer Ebene setzt sich Pro Natura für eine naturverträgliche Landwirtschaft ein und verlangt eine Reduktion des massiven und unnötigen Einsatzes von Pestiziden und künstlichen Düngemitteln. Mit unseren beiden Volksinitiativen und setzen wir uns für einen effektiven Schutz der Lebensräume der Insekten ein. Pro Natura fördert und schützt Insektenarten und deren Lebensräume aktiv mit eigenen innovativen Projekten und Aktionen.

Mehr Informationen zur Biodiversitätsinitiative und zur Landschaftsinitiative

Ihr Beitrag

Konsumentinnen und Konsumenten tragen durch den Kauf von biologisch angebauten Nahrungsmitteln massgeblich zum Schutz der Insekten bei. Haben Sie einen eigenen Garten, ist es sehr wichtig, keine Chemie im Garten einzusetzen, insektenfreundliche Blumen und Sträucher zu pflanzen und heimische Pflanzen mit Blüten oder Pflanzen mit Nutzen für Insekten zu kaufen. Exotische Pflanzen bieten den Insekten keine Nahrung und keinen Lebensraum. 

Wie Sie Ihren Garten in ein Paradies für Insekten verwandeln, erfahren Sie in unserem Naturtipp.

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Gemeindebehörden

Künstliches Licht in der Nacht ist eine grosse Gefahr für Insekten. Mit einer selektiven und intelligenten Beleuchtung können Gemeinden viel zum Schutz der Insekten beitragen. Innovative Gemeinden wie Fläsch (GR) oder das Val de Ruz (NE) machen es vor: Der Schutz der Insekten geht Hand in Hand mit einer Reduktion der Energiekosten für die Beleuchtung. Gemeinden können zusätzlich auf den Gebrauch von Pestiziden bei der Grünflächenpflege verzichten.

Landwirtschaft

Landwirtinnen und Landwirte, die nach biologischen Grundsätzen arbeiten, wissen, dass Insekten in der Landwirtschaft unersetzlich sind: Wildbienen bestäuben Kirschen und Florfliegenlarven fressen Blattläuse und tragen so zur Sicherung der Produktion bei. In der konventionellen Landwirtschaft braucht es ein Umdenken: mehr Biodiversitätsausgleichsflächen, mehr Buntbrachen und weniger Pestizide. Dies schont nicht nur die Natur, sondern auch das Portemonnaie der Bäuerinnen und Bauern. Auch am Markt bewährt sich nämlich die biologische Landwirtschaft: Der Absatz von biologisch produzierten Lebensmitteln steigt seit Jahren stetig.